Buchreview: Dein Hindernis ist dein Weg! von Ryan Holiday
Aktualisiert: 25. Nov. 2020
„Was den Weg versperrt, wird zum Weg“
Wer unseren Blog regelmäßig verfolgt, dem ist bestimmt aufgefallen, dass mich der Autor Ryan Holiday zum Beitrag “Jeder Tag zählt” inspiriert hat. Daher finden wir, ist es an der Zeit, euch auch ein Buch von ihm vorzustellen: Dein Hindernis ist dein Weg (im Originaltitel: The obstacle is the way).
In seinen ersten Büchern schreibt Ryan Holiday bunt gemischt über alle möglichen Themen, wie Marketing, Verschwörungen und Buchbestseller, aber spätestens mit “Dein Hindernis ist dein Weg” scheint er seinen Weg gefunden zu haben. Basierend auf dem Leben und Zitaten von großen Persönlichkeiten aus der Geschichte, zeigt er in seinen Büchern auf, wie bestimmte Situation oder Lebensphasen positiv gemeistert werden können. Besonders im Fokus sind hier die Stoiker, d. h. Philosophen, Gelehrte und Kaiser aus dem römischen Reich zur Epoche des Stoizismus, allen vor voran werden immer wieder Seneca und Mark Aurel genannt. Aber nicht nur die Stoiker finden einen Platz im Buch, auch andere Persönlichkeiten wie Abraham Lincoln, Malcom X, Steve Jobs usw. werden als Beispiel aufgeführt (auch Erwin Rommel wird als Beispiel genannt, da kann man dazu stehen wie man will). Die Zitate und Lebensgeschichten werden vom Autor neu interpretiert und zu einer sinnvollen Story kombiniert.
Natürlich handelt es sich bei den Büchern von Ryan Holiday um keine Bücher, die direkt das Thema Nachhaltigkeit behandeln. Jedoch kann ja schon durch den Titel abgeleitet werden, dass dies auch zum Thema Klimawandel passt. Denn dieser kann ohne wenn und aber als eines der größten Hindernisse unserer Gesellschaft bezeichnet werden.
Der Inhalt: Das Buch ist in in drei Teile aufgeteilt (Wahrnehmung, Handeln, Wille) in denen dargestellt wird, wie man mit teils übermächtig erscheinenden Hindernissen im Leben umgehen kann.

Im ersten Teil Wahrnehmung geht es darum, seine Einstellung zu Problemen und Hindernissen zu ändern. Wir leben in einer Welt, in der es uns eigentlich besser gehen müsste als zu jeder anderen Zeit, nie war unser Wohlstand größer als heute. Unsere Probleme sind meistens nicht externer Art (die Corona-Krise ausgenommen), sondern interner. Unsere Probleme entstehen oft dadurch, dass wir nicht zu wenig, sondern zu viel haben. Unser Gehirn ist für eine komplett andere Umwelt geschaffen, in der Gefahren überall auf uns lauern. Diese Instinkte werden auf andere Dinge wie Geld, das Arbeitsleben, materielle Dinge und unsere Beziehungen übertragen. Wir müssen entscheiden, ob wir uns blind von diesen Urinstinkten leiten lassen oder ob wir versuchen diese zu verstehen und lernen diese zu filtern. Mark Aurel hat dazu treffend gesagt: "Entscheide dich, nicht verletzt zu werden und du wirst dich nicht verletzt fühlen. Fühle dich nicht verletzt, dann wurdest du es auch nicht." Dies ist ein zentraler Punkt, denn erst wir fällen ein Urteil über eine bestimmte Situation. Erst durch unsere Wahrnehmung bestimmen wir, ob eine Situation gut oder schlecht ist.
Ein weiterer Punkt, den er zur Wahrnehmung anspricht, ist, dass viele unserer Handlungsweisen gesellschaftlich geprägt sind und wir uns daran angepasst haben. Von unseren Eltern, in der Schule, Studium, Lehre und am Beispiel anderer, bekommen wir vermittelt, was möglich ist und wo unsere Grenzen sind. Wo wären wir jedoch ohne Personen wie Steve Jobs, Mahatma Gandhi, Abraham Lincoln um nur einige zu nennen, die den Status Quo nicht akzeptierten. **
Wir müssen Probleme und Hindernisse in unserem Leben als Chancen begreifen, mit neuen Lösungen zu experimentieren, verschiedene Dinge auszuprobieren, neue Fähigkeiten zu erlernen oder vielleicht sogar eine Abkürzung zu finden. Auf jeden Fall wird uns der Umgang mit diesen Problemen als Person weiterentwickeln.
In Bezug auf den Klimawandel ist die Wahrnehmung vieler, dass sie denken, was kann ich als Einzelperson schon ausrichten und daher tut man erst einmal gar nichts. Man wartet auf die Politik und Wirtschaft, dass diese die Initiative ergreifen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass auch eine Einzelperson einen Wirkungskreis hat und diesen als positives Vorbild beeinflussen kann. Je mehr Leute ihre Wahrnehmung/Einstellung dahingehend verändern, desto mehr steigt auch der Druck auf die Politik und die Wirtschaft. Denn die Wahlprogramme und das Produktsortiment richtet sich an den Personen, die wählen und konsumieren und an nichts anderem.
"This too shall pass." Abraham Lincoln
Im zweiten Teil Handeln wird die Bedeutung beschrieben, das Leben in die eigene Hand zu nehmen und, mit Hilfe der neu entwickelten Perspektive, die Initiative zu ergreifen. Ryan Holiday beschreibt das wie folgt und trifft damit aus meiner Sicht den Nagel auf den Kopf: Das Leben kann frustrierend sein. Oftmals wissen wir, wo unsere Probleme liegen. Vielleicht wissen wir sogar, was wir dagegen tun könnten. Aber wir fürchten, dass das Ergreifen von Maßnahmen zu riskant ist, dass wir nicht die Erfahrung haben oder dass es nicht so ist, wie wir es uns vorgestellt haben, oder weil es zu teuer ist, weil es zu früh ist, weil wir denken, dass etwas Besseres kommen könnte, weil es vielleicht nicht funktioniert. Und was kommt dabei als Ergebnis heraus? Gar nichts. Wir tun nichts. Rich Roll beschreibt in seinem Buch Finding Ultra, das wir uns oft in einer “Analysis Paralysis." verlieren. Bevor wir das Laufen beginnen, suchen wir die beste GPS-Uhr, suchen nach dem Preis-/Leistungssieger bei den Laufschuhen, suchen nach den richtigen Sportklamotten, Kompressionsstrümpfen, informieren uns uns über Herzfrequenz Bereiche., anstatt das wir einfach loslegen. Die Amerikaner würden sagen “hit the road", also Schuhe an und raus mit dir, die restlichen Dinge kannst du dir mit der Zeit aneignen.
Wie können wir dem also begegnen? In dem wir uns nicht so sehr auf das Problem konzentrieren, sondern vielmehr auf den Prozess. Schritt für Schritt, ein Problem nach dem anderen, ohne uns Gedanken zu machen, was später geschieht, das Endergebnis oder das große Ganze. Wenn wir darauf warten, bis sich die perfekte Lösung ergibt, werden wir nie etwas erreichen. Immer den Fortschritt der Perfektion vorziehen. Natürlich riskiert man dabei, dass etwas schief geht, aber auch das wird wieder vorbei gehen. Einer von Abraham Lincolns Lieblingssprüchen “This too shall pass” - auch die schlimmste Situation wird einmal vorüber gehen. Und gescheitert zu sein, hört sich meiner Meinung nach besser an, als es gar nicht versucht zu haben.
Genauso ist es auch, wenn ich mein Leben nachhaltiger gestalten möchte. Also nachhaltiger mit mir und der Umwelt umgehen will. Will ich alles auf einmal umsetzen, werde ich vermutlich scheitern und aufgeben. Step-by-step eine Sache nach der anderen sind unsere Erfolgschancen um einiges höher. Genauso haben wir übrigens unser Buch "Die 35-Tage-Challenge - Dein Weg in ein umweltbewusstes Leben" aufgebaut 😉.
"Du und ich, und auch sonst keiner, kann so hart zuschlagen wie das Leben. Aber der Punkt ist nicht der, wie hart einer zuschlagen kann, es zählt bloß, wie viele Schläge er einstecken kann und ob er trotzdem weiter macht. Wieviel man einstecken kann und trotzdem weiter macht. Nur so gewinnt man!" Rocky Balboa
Im letzten Teil geht es um Willen, genauer gesagt um Durchhaltevermögen oder wie der Autor schreibt, die Deutschen haben ein Wort dafür: "Sitzfleisch". Das Leben ist nunmal so wie es ist und es werden uns Sachen widerfahren, die uns nicht gefallen werden. Um es mit den Worten von Rocky Balboa zu sagen: "Du und ich, und auch sonst keiner, kann so hart zuschlagen wie das Leben. Aber der Punkt ist nicht der, wie hart einer zuschlagen kann, es zählt bloß, wie viele Schläge er einstecken kann und ob er trotzdem weiter macht. Wieviel man einstecken kann und trotzdem weiter macht. Nur so gewinnt man!”
Dazu bedient sich Ryan Holiday wieder der Weisheit unserer Vorfahren und schlägt vor, wie die Stoiker eine Innere-Zitadelle zu errichten, die durch Übung aufgebaut, nicht bei jeder Kleinigkeit einbricht, sondern uns hilft Hindernisse zu akzeptieren, eine Lösung zu suchen und diese umzusetzen - auch wenn dies Willen benötigt. Soll heißen, wir trainieren unseren Körper, um unseren Geist zu stärken und trainieren unseren Geist, um unseren Körper zu stärken.
Genau hier kann wieder die Brücke zum Klimaschutz geschlagen werden. Wenn ich nachhaltig mit meinen Körper umgehe, meinen Schlaf optimiere, Sport treibe, mich gesund ernähre, regelmäßig meditiere, werde ich seltener Opfer der Verlangen des Alltags werden. Weniger zum Coffe-to-go-Becher beim Bäcker greifen, seltener die Currywurst mit Pommes in der Kantine wählen, mich seltener beim Online-Shopping belohnen und mich seltener von Influencern zu irgendwelchen Dingen verführen lassen, die kein Mensch braucht. Gehe ich nachhaltiger mit mir selbst um, gehe ich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nachhaltiger mit der Umwelt um.
Fazit: Von mir eine Leseempfehlung. Das Rad muss nicht immer komplett neu erfunden werden. Auch unsere Vorfahren haben sich mit einer Vielzahl von Problemen herumgeschlagen und haben dafür Lösungen gefunden, die uns in unserer heutigen Zeit weiterhelfen können. Und das sich Geschichte immer wieder zu wiederholen scheint, sieht man gerade beim Thema Klimawandel. Auch der Untergang des römischen Imperiums ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass immer mehr Ressourcen benötigt wurden und der Verbrauch nur durch immer weitere Expansion sichergestellt werden konnte.
*Der Duden beschreibt den Stoizismus: von der Stoa (Anm.: griechische Philosophenschule) ausgehende Philosophie und Geisteshaltung, die besonders durch Gelassenheit, Freiheit von Neigungen und Affekten, durch Rationalismus und Determinismus gekennzeichnet ist.
** Vor Jahren habe ich die beiden Steve Jobs Biografien von Walter Isaacson und Brent Schlender gelesen. In beiden wird von den Apple-Mitarbeitern dargestellt, dass Steve Jobs eine eigene Wahrnehmung hatte, sie nannten es „Reality distortion field“. Dies wird aber so weit ich mich erinnern kann nie positive genannt, sondern immer ein wenig als Macke. Nach dem Motto, was der von uns gefordert hat, war irre.
Ryan Holiday beschreibt das in seinem Buch ganz anders – ein echt anderer Blickwinkel. Genauso wie Elon Musk heute verlangte Steve Jobs von seinen Mitarbeitern das (aus ihrer Sicht) Unmögliche und letztendlich konnten sie es dann auch umsetzen, selbst wenn sie es nicht für möglich gehalten haben. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte.